WOMEN
Das Infeld Kulturzentrum in Dobrinj, Insel Krk, Kroatien, thematisiert im Sommer 2024 die Frauendarstellung in der Kunst. Die Sammlungsschau „Women“ zeigt die veränderte Sichtweise auf die Frau im Zusammenhang mit der fortschreitenden Loslösung von traditionellen Geschlechterrollen. Alte Ideen und Muster werden neu gedacht und gemalt, auch von weiblichen Positionen. Zu sehen sind rund 130 Werke von 47 Künstlerinnen und Künstlern.
Den Auftakt machen die Pop Art Superstars Andy Warhol (USA, 1928-1987) mit seinem ikonischen „Marylin“ Portrait und Allen Jones (Großbritannien, 1937) mit der außergewöhnlichen Tischstudie zu Stanley Kubrick’s Film „Clockwork Orange“. Heldinnen, Göttinnen und Wonder Women sind auch die erotischen Power Frauen von Mel Ramos (USA, 1935-2018). Kokett und verführerisch blicken die nackten Schönheiten von ihrem behaglichen Olymp herab und verleihen der Zwangsallianz zwischen Frauenkörper und Massenware eine freundliche Wärme.
Eine starke weibliche Position im Pop Art ist die Österreicherin Kiki Kogelnik (1935-1997). Sie zeigt Frauen in modischen Outfits und in typischen Modelposen. Die Körperhaltungen basieren auf gezielter Selbstinszenierung, die stark reduzierten Physionomien der Protagonistinnen knüpfen an Darstellungsmuster aus den Modemagazinen an. In Kiki Kogelniks Abbildungen von Schönen und denen, die sich dafürhalten, scheint der zwitterhafte Charakter der Popkunst ausdrücklich auf. Zum einen umgibt sie noch der Schleier der europäischen Tradition der schönen Künste in Form eines Idols von Schönheit. Zum anderen sind ihre Gestalten schon zur Gänze den verzerrenden Blicken der zwangsvoyeuristischen Gesellschaft von Medienprofis, wie sie etwa in ihrer amerikanischen Wahlheimat ausgeprägt sind, ausgeliefert.
Spannenden Bericht über die täglichen Reisen in die eigene Phantasie erstatten die Werke der Surrealisten wie Salvador Dali (Spanien, 1904-1979), er ist mit drei Venus Interpretationen vertreten, und seinem österreichischen Künstlerfreund Ernst Fuchs (1930-2015). Ein weiterer Malermeister der Wiener Schule des Phantastischen Realismus, Wolfgang Hutter (Österreich, 1928-2014), zeichnet sich als „Augenlüstling“ und „aufmerksamer Träumer, ein Szenarist heimlicher Begierden und Sehnsüchte“ aus. Er aktiviert die Phantasie des Betrachters in dem er seine Traumlandschaften durch Frauenfiguren vollendet.
Ein weiterer Akzent der Ausstellung sind Arbeiten von Friedensreich Hundertwasser (Österreich, 1928-2000). Eine davon, „Irinaland über dem Balkan“, widmete er der bulgarischen Schauspielerin Irina Maleewa. Er verwob seine Sehnsucht und Liebe in die Landschaft und vereinte auf diese Weise das Menschliche, das Vergängliche und das Unvergängliche, die Natur.
Ungewöhnliche Blicke auf die Frau gewähren Art Brut Künstler wie Philipp Schöpke (Österreich, 1921-1998). Der Gugginger Künstler stellt den Körper durchsichtig dar, sodass die Organe gesehen werden.
Ein anderer Ausnahmekünstler Friedrich Schröder-Sonnenstern (Deutschland, 1892-1982) malte laut Eigenangabe „die schönsten, ekligsten Bilder der Welt“ und sei „dreifacher Weltmeister aller Künste“. Sein Werk illustriert die persönliche Philosophie, seine Begierden, auch Anklagen gegen die doppelte Moral und ist oft mit schriftlichen Kommentaren versehen.
Frauenpositionen wie die Russin Bronislava Dubner (1924-2004) sind ein weiterer Schwerpunkt der Show „Women“. Dubner begann nach ihrer Pensionierung zu zeichnen und schaffte ein Oeuvre von etwa 500 Werken. Ihre Malweise war naiv, ihre künstlerische Handschrift sehr eigenständig. Sie war nicht nur bildende Künstlerin, sondern auch Schauspielerin und Model und wurde 1998 in London zur „Alternative Miss World“ gekürt.
Martha Grünenwaldt (Belgien, 1910-2008) entdeckte ihre Neigung zur Malerei Anfang der 1980er Jahre – damals war sie bereits 70 Jahre alt. Sie hatte weder eine akademische Ausbildung, noch eiferte sie renommierten Künstlern nach. In ihrer Jugend streifte sie mit ihrem Vater, einem Wandermusiker, durch Europa - von einem Ort zum anderen. Mit diesen Eindrücken im Kopf malte und zeichnete sie sich ihre eigene, märchenhafte Welt.
Ebenfalls spät, mit 60 Jahren begann Mara Puškarić-Petras (Kroatien, 1903-1998) zu malen. Schnell legte sie sich ihren unverwechselbaren Stil zu. Mit feinem poetischen Gespür kreierte sie eine Wirklichkeit, die sowohl die Realität ihres schweren Witwenlebens als auch Details ihrer Träume widerspiegelt. Liebe, Wärme und Zärtlichkeit durchdringen ihr Werk.
Bei einem anderen kroatischen naiven Künstler, Franjo Klopotan (1938-2019) ist die Phantasmagorie stark ausgeprägt. Ungeheuerliche Fische und Schmetterlinge mit Frauenmerkmalen schweben über bukolischen Landschaften als Symbole der Angst eines Bauers vor dem Unbekannten. Seine poetische Welt des milden Horrors fußt auf volkstümlichen Legenden und ist gleichzeitig ein Abbild der Kinderphantasie. Das Bestiarium von Klopotan wird der bizarren Anforderungen der Surrealisten gerecht.
Das Werk vom bekanntesten unter der Naiven - Ivan Generalić (Kroatien, 1914-1992) fesselt mit einem Maximum an Intensität der Farbe und Primitivismus der Form. Er gibt dem Betrachter die Möglichkeit in die Kindheit zurückzukehren, sich frei wie ein Vogel in die Natur zu bewegten. Es gelang ihm Themen zu finden, die gleichzeitig uralt und neu sind und für alle Menschen auf der Welt interessant sind.
Mit minimalistischen Holzskulpturen ist Petar Smajić (Kroatien, 1910-1985) präsentiert. Er fertigte seine ersten Figuren als 17jähriger an, während er die Schafe hütete. Zuerst stellte er geschichtliche Personen dar: furchtlose Reiter zu Pferde, später bildete er die Bewohner und Bewohnerinnen des steinigen dalmatinischen Karstes nach: hochgewachsen, in gerader Haltung, mit typischen Kopfbedeckungen.
Der weibliche Körper galt auch Instrumentenbauern als Inspiration. Die ersten Violinen wurden um 1550 in Cremona und Brescia in der italienischen Region Lombardei gebaut. Der Klangkörper ist dem Frauenkörper nachempfunden, die Form hat sich seitdem kaum verändert.
Eine Violine, im niederländischen Barock galt dieses Instrument auch als Symbol für den weiblichen Körper, rundet die Ausstellung ab.