GLAUBE
Man muss nicht an Gott glauben um zu glauben. Der Mensch glaubt, weil er nicht anders kann. Mit rund 120 Werken von Rudolf Hausner, Ernst Fuchs, Joze Tisnikar, August Walla und Oswald Tschirtner wird Glaube und Religiosität im Infeld Haus der Kultur in Halbturn thematisiert. Alle Werke stammen aus der Sammlung Infeld.
Das Ausstellungsthema:
An irgendwas glauben alle. Das persönliche Wohlsein kommt ohne Glauben nicht aus. Man projiziert das kleine Ich ins große Ganze. Meistens geht der Blick zum Himmel, wo es unendlich und unbestimmt ist. Gestellt werden die Sinnfragen: Ist ein Plan vorhanden? Lenkt jemand mein Leben? Gibt es einen Gott? Religion ist eine Lebensform, auch eine Möglichkeit seinem Dasein einen Rhythmus zu geben. Der Mensch wird mit den Herausforderungen des Alltags besser fertig. Es wird eine Beziehung vermittelt: zu sich selbst und zu den Anderen.
Für den mittelalterlichen Betrachter war die Kunst ein Schaufenster des Himmels. Die bewusste Wiederholung eines Motivs verstärkte dessen Bedeutung. Lange Zeit hat die Religion hier beansprucht, allein die richtigen Antworten der Sinnfragen zu geben. Doch heute sind Antworten in anderen Richtungen zu finden: Biologen glauben an Darwin‘s Evolutionstheorie, Kommunisten an die soziale Gleichheit. Gemeinsam von früher und jetzt scheint zu sein, dass Glaube und Religion als Ressourcen für die Gesellschaft an Wichtigkeit nicht verlieren. Der menschliche Geist sucht weiterhin nach Sicherheit, Zugehörigkeit, Schutz, Identität, Frieden. Da springen jetzt die Wissenschaft und die Kunst ein, nähren den Glauben und bieten für viele Menschen und deren Wohlsein neue Visionen an.
Die ausgestellten Künstler:
Ernst Fuchs (1930-2015)
Mit Mitte zwanzig wurde Ernst Fuchs zum Christen römisch-katholischer Konfession. „Meine Suche nach Schönheit wurde zum Verlangen nach Ordnung, nach Erlösung, und nirgends fand ich, wonach ich mich sehnte, so klar formuliert wie in der Lehre dieser Kirche. In Ihr habe ich den Felsen erkannt, auf den ich meinen Glauben gründen konnte“, meinte Ernst Fuchs. Seitdem ging sein ganzes Trachten nun darauf hin, die judäo-christliche Verständigung zu fördern und in ihrem Sinne als Kirchenmaler zu wirken.
Ernst Fuchs: „Das Dasein kennt keinen errechenbaren Zweck. Nichts ist da zu begründen, und nur im Glauben ist die eine Antwort. Kunst gleicht dem wahren Manna, denn durch sie kann jeder von den unvergänglichen Werten kosten, auch jene, die nicht glauben, um dadurch auch einen Hinweis auf jenes Ebenbild zu empfangen, in dem wir allesamt unsterblich sind.“
Rudolf Hausner (1914-1995)
Hauptrolle in Rudolf Hausners Malerei spielt „Adam“ (auf Hebräisch Mensch und Menschheit zugleich). Adam hat das Antlitz des Künstlers, andere Bildfiguren wie Anima oder Matrosenjunge werden in ihrer Beziehung zu Adam verständlich. Adams Gesichtszüge stehen stellvertretend für den Rezipienten, als Platzhalter für individuelle Interpretation, als eine Einladung zur kreativen Mitgestaltung des Werks. Beim Betrachten verändert sich somit nicht nur der Interpret, sondern auch das Werk.
Spuren des Religiösen sind in Hausners Werk entweder auf den ersten Blick erkennbar oder auch über weitere Motive, die ihre religiöse Semantik erst bei näherem Hinsehen enthüllen.
Joze Tisnikar (1928-1998)
In Slowenien geboren, war er Obduktionsgehilfe in Slovenj Gradec nahe der Österreichischen Grenze. 1952 begann Tisnikar zu malen um seine Alkoholsucht und die Erfahrungen des Arbeitsalltags – er hatte die Nachtschicht in der Leichenhalle – zu verarbeiten. Seine Werke zeigen kein Paradies, sind in dunklen Farben gehalten und stellen die leidende Welt dar.
Joze Tisnikar: „Die Menschen auf Erden sind beunruhigt, sie fürchten sich vor Kriegen – vor allem, was wie ein Schatten auf ihrem Glück lastet. Hass beherrscht die Welt, Verfolgung, Verbrechen; noch bringen sich die Menschen gegenseitig um.“ Seine Botschaft war: “Lebt in Frieden, denn das Leben ist für alles andere außer für die Liebe zu kurz“.
Oswald Tschirtner (1920-2007)
Oswald Tschirtner wollte Priester werden und strebte ein Studium der Theologie an. Dies war während des Zweiten Weltkrieges nicht möglich. Er studierte Chemie, musste aber bald zum Heer einrücken. Nach französischer Kriegsgefangenschaft kam er zurück. Aufgrund seelischer Störungen lebte er seit 1947 in einem psychiatrischen Krankenhaus, von 1981 bis zu seinem Tod - im Haus der Künstler in Maria Gugging bei Wien.
Tschirtner war in sich gekehrt, nur mit seiner Bibel verbunden. Er zeichnete Kopffüßler – lange Menschenfiguren, deren vier Glieder gleich lang waren und keinen Körper hatten. Die radikale Vereinfachung zeichnet seine Werke aus, er verbildlichte Gegenstände in minimalistischer Weise, anhand weniger Linien stellte er Gebäude oder Landschaften dar.
August Walla (1936-2001)
August Walla veränderte kreativ seit frühester Jugend seine Umgebung. Er erschuf sich eine eigene künstlerische Welt und erfand eine polytheistische Religionsphilosophie - ein Universum, in dem er auch lebte. Wallas Figurenkosmos besteht ausschließlich aus Göttern – aus den Weltreligionen oder erfundenen Göttern.
Walla gebrauchte eigens geschaffene Zeichen mit bestimmter Bedeutung oder bekannte Symbole, die er mit neuer Bedeutung versah. Das Hakenkreuz ist bei Walla häufig ein Weiblichkeitssymbol: Seine Mutter hatte ihn als Jungen in Frauenkleider gesteckt, damit er von den Nazis nicht zum Militärdienst geholt wird. Hammer und Sichel stehen meist für Männlichkeit: Als 1945 die Russen in Österreich einmarschierten, waren das zum Großteil Männer.